Von der Selbstliebe, sich selbst Heiraten und wo das alles anfängt.
Unlängst waren wir beim Kultursommer, in dem extra dafür aus dem
Dornröschenschlaf geweckten Hotel Südbahn am Semmering.
Wenn man da, an diesen ehemals luxuriösen Hotels Panhans und Hotel Südbahn vorbei flaniert, werden einem ein paar Dinge schmerzlich bewusst:
*Alles ist vergänglich
*Alles hat seine Zeit
*Umgefallene Riesen bekommt man nur schwer bis gar nicht wieder auf die Beine
Nach dem Weltenbrand hat sich der Semmering nie mehr erholt und heute sind ganz andere Dinge gefragt, wie damals um 1900 als es eine Attraktion war, mit der Eisenbahn in dieses mondäne Örtchen zu reisen.
Weil nun der Semmering, trotz Zug und S6 immer noch nicht um die Ecke liegt, haben wir im Sporthotel genächtigt. Auch dieses Haus ist in die Jahre gekommen und doch hab ich selten ein Hotel gesehen, welches so ordentlich und sauber in Schuss ist.
Und da sind wir auch schon beim Thema:
An die 200 Leutchen jung bis alt, hauptsächlich Pärchen, fanden sich im großen Speisesaal zum Frühstück ein. Vom ausgeleierten T-Shirt bis Badeschlappen, von Pyjamahose bis wirklich abgetragenen Kleidern – niemand, wirklich niemand war an diesem Sonntagmorgen ordentlich gekleidet. Ja, es war ab und an sogar ein bisschen zum „Fremdschämen“ wenn ich das so sagen darf.
Etwas besser verhielt es sich bei der Veranstaltung am Vorabend.
Dem excellenten Abendessen mit Kammerorchester, im ehemals glanzvollen Saal des Hotel Südbahn, war eine Zeitreise mit Heinz Marecek vorangegangen. Der Großteil der Verantstaltungsgäste war „zurechtgemacht“, einige aber auch nicht.
Jetzt wird jede/r der/die mich kennt sagen, „na klar – die mit ihrem Gwandfimmel….“
„Aber das stimmt so nicht“ – erlaube ich mir mit meinem gar nicht geleugneten „Gwandfimmel“ dagegenzuhalten.
Endlos viele Ratgeber, Seminare und psychologische Begleitungen gibt es zum Thema Selbstliebe. Millionen werden ausgegeben um zu lernen wie man sich selbst „heiratet“. Nicht selten hört man von mehr oder minder geläutert – Erleuchteten: „Jetzt schau ich zuerst einmal NUR auf mich“
Ich schätze einmal grob, dass von den 200 bequem bis schleißig Gewandeten, an diesem besagten Sonntagmorgen, sicher 50 dabei waren, die dem Thema Selbstliebe schon einmal ordentlich gefrönt haben.
Ich frage Sie geschätzte LeserInnen wo fängt den die Selbstliebe an?
Badelatschen im Hotelrestautrant, die Sportmontur beim Ausgehen ebenso wie zum selten gewordenen Kirchgang werden untermauert mit:
*im Urlaub will ich es bequem haben,
*bei der Veranstaltung kennt mich eh niemand, oder
*ich hab nicht einmal einen Anzug und Krawatte kommt für mich so wie so nicht in Frage
Erlauben Sie mir, dass ich Ihnen von meiner Selbstliebe berichte, die ich seit meiner frühesten Jugend hege und pflege. Neidgefühle sind mir gänzlich fremd – im Gegenteil – mir gefallen schön zurecht gemachte Menschen mit Selbstbewusstsein und Ausstrahlung – Menschen, die mit sich selbst einfach zufrieden sind.
Kehren wir zurück zu unserem Wochenende am Semmering.
Nein, ich mache mir nicht tagelang Gedanken, was ich einpacken oder mitnehmen soll – dafür war ich in meinem Leben zu oft unterwegs – aber ich wähle meine Garderobe dem Anlass und dem Ort entsprechend, ANGEMESSEN.
Was ist den nun angemessen? Nun bei einem Fußballspiel stapfe ich nicht mit High Hill und Seidenröckchen daher, aber genauso wenig beim Frühstück im Hotel mit Jogginghose und Trainingsjacke und schon gar nicht bei einer Abendveranstaltung mit Turnschuhen und Freizeitoutfit. Wie es jüngst modern ist, ziert ein Strauß die Hose mit vielen Taschen und ein Mammut die Ausgehgarderobe.
Ja, bleibt es den nicht Sache eines jeden, sich zu kleiden wie er/sie möchte?
Nun, ja wir diskutieren hier über die viel gepriesene Selbstliebe und wie wir sie mühsam erlangen, erarbeiten könnten.
Für mich und sicher für viele von Ihnen ist es ein unverzichtbares Ritual, dass man sich vor einer Veranstaltung, vor einer Einladung, vor einem Fest, vorm Ausgehen oder im Urlaub im Hotel die Zeit nimmt, um sich hübsch herzurichten, egal ob Männlein oder Weiblein.
Weil das bereits Teil der bevorstehenden „Besonderheit“ ist.
Weil das streicheln für Körper und Geist ist.
Weil es einfach gut tut, sich rund um wohl zu fühlen.
Weil das die Basis ist, sich selbst zu lieben.
Frage an Thomas 54 Jahre, Mechanikermeister:
„Nehmen Sie sich im Urlaub besondere Kleidung mit, um im Hotel fesch auftreten zu können?“ Thomas: „ Das macht meine Frau. Die lässt mich nicht einmal in Schlappen zum Frühstück gehen. Und ganz ehrlich – ich genieße es schon, wenn mich die Blicke anderer Frauen bewundernd mustern. Ich wachse dann gleich ein paar Zentimeter und meine Frau freut sich, dass sie einen Mann hat, den auch andere Frauen gerne sehen. Mir geht es übrigens mit meiner schönen und gepflegten Frau gleich.“
Ganz anders klingt da die Antwort von Bernd 42 Jahre, Bankangestellter :
„In meinem Urlaubskoffer sind nur ein paar Leiberl also T-Shirt und kurze Hosen, Turnschuhe und Schlapfen. Ich muss eh im Job immer Anzug tragen. Im Urlaub mag ich es bequem. Mich nervt, dass meine Frau bei anderen Frauen die besonders angezogen sind, immer was zu meckern hat, dabei würde es mir schon gefallen, wenn sie sich ein bisschen herrichten würde“.
Fazit: Für mich beginnt Selbstliebe da, wo ich mir Aufmerksamkeit schenke. Wo geht das leichter, als vor einer „Auszeit vom Alltag“ sich hübsch zu machen, sich schön herzurichten, um sich so richtig wohl zu fühlen?
Wenn dann ein nettes Kompliment, egal ob es von männlicher oder weiblicher Seite kommt, die Mühe noch belohnt, spürt wohl jede, jeder, wie sehr man mit sich selbst „verheiratet“ ist.